Oh du schöne Weihnachtszeit…?

Oh du schöne Weihnachtszeit…?

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Einmal mehr hat die Adventszeit begonnen. Beobachtet man, zu welchem Zeitpunkt Geschäfte und Läden ihre weihnachtlichen Produkte zum Verkauf anbieten, scheint es fast so, als ob der Advent bereits im Oktober startet. Denn Lichterketten und Weihnachtsschmuck sind oft schon viele Wochen vor dem Weihnachtsfest in den Regalen zu finden. «Viel zu früh geht das los!», werden sich wohl einige denken. Andere wiederum wären froh, könnte man bereits zum Herbstanfang Lichterketten und Lametta an den Häusern und in den Wohnungen anbringen, damit der Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit einfacher gelingt. Nach langen Tagen mit viel Sonnenschein trumpft der Herbst mit kalten Abenden, dunklen Nächten und kürzeren Tagen auf. Eine schlimme Zeit für alle Sonnenanbeter, für die der funkelnde und glitzernde Weihnachtsschmuck wohl zumindest einen kleinen Lichtblick darstellt.

Spätestens im November erklingen zudem wieder die unvermeidlichen Weihnachtshits. Es ist immer wieder faszinierend zu hören, wie die Lieder alle Jahre wieder für Süssgetränk- und andere Werbespots gebraucht werden. Und in den Playlisten der Radio erklingen Songs, in welchen gezielt Schellenringe und Glockenspiel zum Einsatz kommen. Zahlreiche Musikgrössen von John Lennon bis George Michael und von Mariah Carey bis Britney Spears haben es sich nicht nehmen lassen, ihren Beitrag zu einer musikalischen Weihnacht zu leisten. Natürlich darf auch über dieses Phänomen lautstark geklagt werden – immerhin sind viele dieser Lieder wirklich nervtötend. Nichtsdestotrotz muss aber auch die Frage erlaubt sein, warum einige der vermeintlich verhassten Weihnachtssongs seit Jahren oder gar Jahrzehnten zuverlässig zurückkehren? Es scheint ein Bedürfnis der Menschen zu sein, genau zu diesem Soundtrack über einen Weihnachtsmarkt zu schlendern oder die eigenen vier Wände festlich zu dekorieren. Und wenn wir ehrlich sind, sorgen diese kitschigen Songs irgendwie auch dafür, dass die Weihnachtsbiskuits etwas süsser schmecken oder die Wohnung ein wenig mehr nach Zimt duftet.

Wer sich über den jährlichen Weihnachtskitsch ärgert, sollte bedenken, dass Weihnachten nicht grundlos zu dem wurde, was es heute ist. Die gesamten Begleiterscheinungen mögen vielleicht wie ein kommerzieller Super-GAU wirken – jedoch haben wir Menschen Weihnachten zu dem gemacht, was es heute ist. Gründe dafür sind weder die Kauflust, noch der Versuch, durch materielle Dinge ein Fehlverhalten während des Jahres auszugleichen. Der wahre Grund ist: Weihnachten ist eine hoch emotionale Zeit, weswegen wir unbewusst Raum und Situationen schaffen, um unsere Emotionen zu spüren. Sich gegen Weihnachten zu sträuben bedeutet somit, dass man dem «Gefühl von Weihnachten» entgehen möchte. Im Hinblick auf Weihnachten und das baldige Jahresende stellt sich auch Melancholie ein. Wenn man sich etwa fragt, was man erlebt hat, was einen in nächster Zeit erwartet und auf was man sich besonders freut. Diese Gefühle sind in uns, sie werden durch das weihnachtliche Drumherum, durch Deko, Düfte, Wetter, Weihnachtsmärkte und allerlei andere Impressionen bloss verstärkt.

Die traditionellen Bräuche und Rituale zur Weihnachtszeit haben einen Sinn: Sie versetzen uns in eine ganz besondere Stimmung und regen uns an, über Dinge nachzudenken, die uns sonst nicht beschäftigen. Es gilt, diese Zeit als Geschenk zu nutzen, anstatt sich über die «Verpackung» zu ärgern. Nutzt diese Zeit für euch und eure Gedanken. Herbeigeführt durch sämtlichen Kommerz und vorweihnachtliches Geplänkel, weil unsere Gesellschaft dies braucht um sich zu trauen auch mal nachdenklich, ruhig und melancholisch sein zu dürfen. Das ist der Zauber von Weihnachten!

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