Du bist schuld!

Du bist schuld!

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Wieso ist bei einem Streit die Schuldzuweisung dermassen zentral? Immer wieder höre ich Leute sagen, dass jemand anders schuld daran sei, dass ihre Situation so gekommen ist. Die Schuld wird meist an andere verteilt und von sich gewiesen. Sätze, wie «Es sind immer beide schuld» oder «Für Streit braucht es immer zwei» dienen als Beweis dieser Aussagen.
Was bringt es, die Schuld aufzuteilen oder sie auf jemanden anderen zu schieben? Wieso ist es überhaupt wichtig, dass es eine Schuldfrage zu klären gibt? Ist es nicht eigentlich egal, ob und wer schuld an einer Misere ist… Schliesslich ist die Situation trotzdem so, wie sie eben ist.

Ich denke, es geht um Verantwortung. Eben genau keine Verantwortung für die Situation zu übernehmen oder die Verantwortung abzugeben. Ganz nach dem Motto: «Ich kann nichts dafür, dass etwas so gekommen ist, also kann ich auch nichts dagegen unternehmen.» Dies ist für meinen Begriff ein wenig zu einfach gedacht. Ganz egal, weshalb es zu einer unangenehmen Situation kommt, alle Beteiligten leiden und müssen sehen, wie sie damit umgehen wollen. Natürlich ist es möglich, sich heraus zu nehmen und nichts zur Lösung eines zwischenmenschlichen Konflikts beizutragen. Sobald aber etwas störend ist oder belastend, sollte man sich dessen annehmen und sich mit dem Konflikt auseinandersetzen und versuchen, ihn zu lösen. Ob man an der Situation irgendeine Schuld trägt, ist nicht relevant. Es geht einzig und allein darum, für sich etwas zu verändern und bestenfalls zu verbessern.

Die Zeit die dafür verwendet wird, eine allfällige Schuldfrage zu klären, kann also durchaus sinnvoller genutzt werden. Und zwar um vorwärts zu gehen, zu schauen was nun gemacht werden sollte, um eine Lösung zu finden und aus der belastenden Situation wieder heraus zu kommen. Den Blick nach vorne richten und schauen, was zu tun ist. Dabei auch nicht den Blick zum vermeintlich Schuldigen richten, sondern die gesamte Situation anschauen und dabei auch sich selbst nicht vergessen. Den eigenen Anteil sehen: Was habe ich falsch gemacht; wo habe ich richtig reagiert; was kann ich nun tun; was muss verändert werden?… das ist konstruktiv. Denn ausser uns selbst können wir sowieso nichts und niemanden verändern. Wenn wir uns als aktiven Teil innerhalb eines Konflikts sehen, können wir auch erkennen, welche Möglichkeiten wir haben wieder aus dem Konflikt und möglicherweise aus einer passiven Opferrolle heraus zu kommen. Blenden wir uns aus, erkennen wir auch kein Potential für eine mögliche Lösung die wir anstreben könnten. Ein Konflikt oder eine unangenehme Situation wird nicht einfach für uns geklärt. Wir können darauf warten, dass ein Streit einfach verschwindet, aber das kostet viel Zeit und Kraft und führt in der Regel zu einer Verschärfung eines Problems. Viel besser für uns ist es, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und aktiv zu werden.

Wer also in einer Konfliktsituation nicht lösungsorientiert handelt und dauernd nur danach sucht, wer schuld ist und wer nicht, kann sich dann auch getrost die Schuld dafür geben, dass sich nichts an der Situation verändert oder verbessert…

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